Mittwoch, 30. Oktober 2024

Morgens trübe

Am Nachmittag nicht viel besser. Dazwischen habe ich ab und zu etwas Sonne gesehen. Auf dem Weg zum Bioladen z. B. Schönes Licht so insgesamt. Es roch nach Herbst und nach Kuh. Kaum war ich wieder zu Hause, habe ich mich ans Werk gemacht. Jetzt ist der Nirav-Kuchen, der nach dem Franzosen benannt wurde, der das Rezept von seiner Großmutter mit in unsere WG gebracht hatte, im Ofen. Und ich recherchiere Film und Köche. Sie bieten mir Julie&Julia, den habe ich, den muss man aber nicht gesehen haben. Eine Dokumentation würde mir gefallen. So wie die über Agnes Karrasch, eine der wenigen Spitzenköchinnen Deutschlands, die ich gestern Abend eher zufällig entdeckt habe. In "She Chef" wird die junge Frau auf ihrem Weg zu verschiedenen Sterneköchen begleitet. Nach Nordrhein-Westfalen, Spanien, auf die Faröer. Und dort im "Koks" ist sie nicht nur länger geblieben, ich glaube sie kocht da immer noch. Was ich sehr gut verstehe. Ich würde auch den Abwasch erledigen, wenn ich dort im Gästehaus wohnen dürfte. Wild, romantisch, einsam. Leider kostet ein kleines Menü (ohne Getränke) 3200 DKK bzw. 430 Euro. Schade. Überhaupt nicht meine Liga.

 


 

Montag, 28. Oktober 2024

Mal wieder umgeräumt

Den Tisch vor das Fenster gestellt. Optimal ist auch dieser Platz nicht, aber wenigstens muss ich hier zum Schreiben kein Licht einschalten. Und ich sehe die Kraniche, wenn sie vom Deich kommen, zum Deich fliegen, kann mit den Augen den Wolken folgen, kann meine Fantasie auf Reisen schicken. Obwohl ich dazu keine Wolken brauche. Auf Reisen möchte ich die Mäuse schicken, die hier ungeniert durch die Gegend, auch auf dem Tisch tanzen. Vielleicht sollte ich eine Katze anschaffen, die keinen Ausgang bekommt. Eine Katze, die drinnen bleiben und Mäuse fangen muss. Fürs erste habe ich zwei Lebendfallen bestellt, die morgen geliefert werden. In jede passen sechs Mäuse. Ich habe keine Ahnung, wie viele hier leben, ich weiß nur, dass sie von Tag zu Tag frecher werden. Der Hausmann hat bei sich drüben dasselbe Problem, der will heute Abend eine Schlagfalle aufstellen. Ich habe ihm ein winziges Stück vom leckeren Speck versprochen.

Sonntag, 27. Oktober 2024


 

Große Pilzrunde

Eigentlich wollte der Hausmann nur einen der großen Riesenschirmlinge aus der Nähe betrachten, die man von meinen Fenstern aus sehen kann. Weil ich nicht einfach schnöde über die Wiese laufen wollte, haben wir uns für die Kälberrunde entschieden. Da ist man 20 Minuten unterwegs, ein kleiner Spaziergang also. Kälber sind keine da seit ein paar Wochen, wir müssen die Strecke umbenennen. Dann sehe ich den schmalen Weg in den Wald hinein, den ich noch nie gegangen bin, eigentlich könnten wir den mal. Wir entdecken jede Menge Pilze, Maronen, Steinpilze, Butterpilze, ich kenne mich nicht aus. Wie gut das hier riecht.

Wie ich mir das gedacht habe, führt der Waldweg zur Straße. Eine Radfahrerin kommt uns entgegen, sie steigt ab, weil sie mir hallo sagen will. Erst als sie ihre Mütze abnimmt, erkenne ich eine meiner Interviewpartnerinnen vom Schätze-Projekt. Wir haben uns zuletzt vor ein paar Wochen beim Treffen in der Kirche gesehen. Ich freu mich über die unverhoffte Begegnung. Später winkt mir ein Nachbar aus dem Auto zu. Und dann überlege ich laut, dass ich seit meiner Ankunft im März 2023 mehr Menschen kennengelernt habe als in 25 Jahren in Nikolassee. Wenn ich die Mitbewohner in meiner WG aus meinen Überlegungen ausklammere jedenfalls. Das waren ja doch einige. Bin ich jetzt angekommen? Hier im Dorf? Oder doch eher bei mir? Das sind so Fragen....

Samstag, 26. Oktober 2024


 

Der letzte Tag

der Schätze-Ausstellung in der Kirche. Ich bin nicht nur wegen dem versprochenen Kuchen noch einmal gekommen. Auch wenn ich alle Texte kenne, viele selber geschrieben habe nach den Interviews, ist es noch einmal sehr besonders, unsere Arbeit in Form von Exponaten in Vitrinen, Fotos und langen Fahnen mit Texten in dem alten Kirchenraum zu sehen. Judith hat tolle Arbeit geleistet. Da merkt man, dass es nicht die erste Ausstellung ist, die sie kuratiert und auf die Beine gestellt hat. Gerade die jungen Frauen lesen sehr aufmerksam die Auszüge aus den Interviews, hören, schauen. Ich freu mich mit über dieses Interesse. Genieße aber vor allem die Gespräche mit der einen und dem anderen, die sich draußen ergeben, gemütlich auf der Banke in der Sonne sitzend, begleitet von Martina und ihrem Akkordeon. Was für Geschichten sich doch oft hinter den Fassaden, in einem lang gelebten Leben verbergen. Am liebsten würde ich gleich neue Interviews machen. Erzähl mir mehr davon. Mehr von dem Poeten, in dessen Worte du dich verliebt hast. Mehr von dem Großvater, der die beiden letzten Kriegsjahre versteckt im Wald lebte, weil er zur Bekennenden Kirche gehörte. Und immer ermuntere ich meine Gesprächspartner. Schreib das auf. Für die Kinder, die Enkel. Notfalls für mich. Ich würde das gerne lesen. Was habe ich mir im Laufe der Jahre schon für Fusseln an den Mund geredet.

 


Mittwoch, 23. Oktober 2024

Nach ein paar Stunden

am Schreibtisch geht es mir besser. Besser als in den letzten Tagen, wo ich mich schon morgens niedergeschlagen und antriebslos fühlte. Wie anstrengend es manchmal ist, mich selbst immer wieder neu zu motivieren. Setz dich hin. Schreibe. Du weißt doch, dass es dir gut tut. Beschwingt steige ich aufs Rad. Mein Kühlschrank ist leer. Auch ein paar Basics fehlen. Auf dem großen Feld vor Sieversdorf wird Mais geerntet. Familien stehen am Rand und schauen zu. Gerade mal zwei Silberreiher auf den Wiesen vor Neustadt. Als ich am Wochenende mit dem Berliner Freund Rad gefahren bin, haben wir ständig welche gesehen. Silberreiher ohne Ende sozusagen. Und die vielen Kraniche vor Vehlgast natürlich. Im Supermarkt vertüddele ich mich. Während ich meine Einkäufe in den beiden Packtaschen verstaut habe, ist die Sonne untergegangen. Kurz hinter Neustadt steigt Nebel aus den Wiesen. Plötzlich fahre ich durch eine geheimnisvolle mystische Landschaft. Im nächsten Dorf leuchten einige Häuser im Licht der letzten Sonnenstrahlen. Geduckt stehen sie da, strahlend weiß, als wäre hinter ihnen das Meer.


 

Dienstag, 22. Oktober 2024

Ich fahre mit dem Zug

Verpasse den Ausstieg, bin aber nicht die einzige. In letzter Sekunde will ich abspringen. Zwei Menschen wollen mir helfen. Sie halten mich an den Armen. Doch mein nackter Fuß findet keinen Halt auf dem Bahnsteig, und dann kommt ein großes Teil auf mich zugeflogen, das an einem Seil von einem Kran hängt. Ich werde zurück in das Abteil gezogen. Mit großer Geschwindigkeit rasen wir auf ein Abstellgleis, in eine riesige Montagehalle. Der Waggon stößt gegen Wände, dreht sich um sich selbst, doch irgendwann kommen wir zum Halten. Ich laufe nach Hause. Mein Mann (komisch, schon wieder habe ich im Traum einen Mann) sitzt mit einem Kind auf dem Schoß mit anderen zusammen an einem Tisch im Garten. Als er mich sieht, stellt er das Kind auf die Erde, läuft mir lachend entgegen. Ich bin erleichtert. Er ist nicht mehr böse auf mich.

Montag, 21. Oktober 2024

Seit einer Woche

funktioniert meine alte Webseite nicht mehr. Ich kann sie nicht aufrufen, komme nicht in mein Dashboard. Komme nirgendwohin bei Wordpress. Ein veränderter Vertrag mit Strato, danach ging nichts mehr. Auch diverse Telefonate und das Bezahlen erpresster Rechnungen helfen mir nicht weiter. Die ersten Tage waren ziemlich unangenehm. Als hätte man mir etwas amputiert. Ich habe schon einmal ein ganzes Buch verloren, weil ich es nicht extra gespeichert hatte. Und jetzt sind an die 3000 Texte fort. Ich möchte die sehen, die da nicht heulen. 

Freunde schreiben mir, weil sie meine Texte vermissen. Die guten Seelen, das tröstet mich ein wenig. Und dann kommt eine neue Nachricht. "...eigentlich mag ich dich nicht mehr. Aber ich habe deine Texte gern gelesen. Leider gibt es die nicht mehr. Schade." Das ist wahre Größe, finde ich. Die Autorin hat ihn menschlich enttäuscht, aber die Texte werden gern gelesen. Chapeau!

Sonntag, 20. Oktober 2024


 

Als ich heute Morgen sinnend

mit dem zweiten Kaffee im Bette saß, habe ich noch einmal über dieses "vorübergehend" nachgedacht. Die neue Webseite sollte "Ich bin hier nur vorübergehend heißen". Es gab ja etliche Situationen oder Entscheidungen in meinem Leben, die ich für "vorübergehend" hielt, die dann aber doch eine ganze Weile dauerten. Das hat schon früh angefangen. Eines Tages wird sich meine wahre Familie melden, die haben mich hier nur vorübergehend untergebracht, dann wird sich alles aufklären und sie werden mich aus der Laube holen. Dachte ich mit zehn oder elf. Aber natürlich wusste ich schon ein oder zwei Jahre später, dass solche Geschichten nur in Büchern vorkommen. Ich musste also warten, bis ich so alt war, dass ich selber gehen konnte. Nach einer Weile war mir klar, dass ich auch in diesem Land nicht leben konnte, wollte. Ich hasse es, wenn man mir vorschreibt, was ich lesen, denken soll. Dachte ich mit Anfang zwanzig in Ost-Berlin. Und dann hatte ich Glück - oder auch nicht, ich denke da mit zunehmendem Alter immer mal wieder anders drüber - und wurde 1981 mit meinem kleinen Sohn zusammen freigekauft. Noch später fand ich den Job langweilig, es war klar, dass ich den nur vorübergehend ausüben würde. Dann gab es immer wieder kleine Verbesserungen, mehr Verantwortung, mehr Gehalt, ich bin zwanzig Jahre geblieben. Von all den kleinen Dingen - Herde, die nur kurze Zeit, vorübergehend eben, den alten defekten ersetzen sollten, notdürftige Reparaturen, die ja nur vorübergehend wären, bis ich mal mehr Zeit hätte - ganz zu schweigen. 

Inzwischen muss ich selber lachen, wenn ich mich bei dem Gedanken ertappe, dass ich hier nur vorübergehend bin. Du weißt doch, mein Hase (ich rede gern mit mir selbst), dass der ganze Aufenthalt hier auf diesem Planeten, dieser Erde, in dieser Gestalt nur vorübergehend ist, oder? Du sagst also eigentlich nur das, was wahr ist. Ich weiß. Aber schön, dass wir noch einmal drüber gesprochen haben.

Samstag, 19. Oktober 2024


 

Auf dem Rückweg vom Darß

hat der Buckower Freund einen Zwischenstopp bei mir eingelegt, bevor er Montag wieder zurück nach Berlin fährt. Er kam mit riesigen Riesenschirmlingen. Die er gestern Abend auch gleich für uns gebraten hat, nachdem wir vom Spaziergang auf dem Deich wieder zurück waren. Die Schirmlinge hätte er in Born lassen können. Auch hier findet man sie an jeder Ecke, auf jeder Wiese, jedem Feld. Ich kann mich nicht erinnern, sie jemals in diesen Mengen in den letzten Jahren gesehen zu haben. Jetzt haben wir also eine Schwemme. Heute wollen wir mit den Rädern nach Vehlgast, morgen nach Strodehne, dort spielt am Nachmittag in der Kirche die TB Session Band Rock- und Bluesklassiker. Das sind gut 40 km pro Tag. Die ich natürlich mit meinem geliebten Bike zurücklegen werde. Mit Unterstützung also.

An der Havel die allerschönste Herbststimmung, auch ohne Sonne. Ab und zu sieht man ein Stück Blau in der grauen Wolkendecke. Auch Rosa wird geboten. Und ein mehrstimmiger Vogelchor. Die Pappeln haben schon ihre Blätter verloren. Da raschelt nichts mehr. Vor dem Picknick nimmt der Freund noch schnell ein kühles Bad. Ich dokumentiere das, schicke das Foto auch gleich dem Hausmann, der uns schon eins von sich am Schlachtensee geschickt hat. Er war drin, sollte das bedeuten. Zwischen den Herren ein kleiner Wettstreit. Wer geht als erster, wer als letzter im Jahr in den See, das Meer, den Fluss. Letztes Jahr war der Hausmann Sieger.

Später möchte ich nicht nach Hause. So geht mir das oft nach einem Aufenthalt in der Natur, der Weite, der Stille. Dann kann ich nicht genug bekommen. Dann möchte ich noch mindestens eine Stunde laufen, eine sitzen, und warum habe ich keinen Schlafsack dabei, heute würde ich doch bestimmt draußen schlafen (würde ich nicht). Aber dann steige ich doch aufs Rad, fahre sogar einen kleinen Umweg. Der Buckower Freund liebt Erkundungen abseits bekannter Pfade, und da ich seit letztem Jahr E-Bike fahre, mache ich im Gegensatz zu früheren Jahren keine Sperenzchen. Ich folge ihm einfach, da ich meist belohnt werde. So auch heute. Wir entdecken nicht nur den größten bisher gesichteten Rastplatz der Kraniche, wir finden auch den kleinen Sandstrand, den ich bisher nur aus der Ferne gesehen habe. Hey ihr alle. Ich komme wieder. Hört ihr?



 

Donnerstag, 17. Oktober 2024

Sonne tanken

Sitze auf der obersten Treppenstufe vor der Galerie, die ich wieder einmal vertretungsweise geöffnet habe. Ich lächle jedem freundlich zu, der an mir vorüber läuft. Sollte ich vielleicht noch etwas sagen? "Kommen Sie rein, dann können Sie raus gucken"? Zu platt. "Kommen und sehen Sie, wie sich Maler und Fotografen mit dem Thema "In der Landschaft" auseinandergesetzt haben."? Es kommt keine rein, es grüßt nicht einmal jeder, den ich mit einem "Guten Tag wünsche ich" bedenke. Egal. Ich bin auch ohne Besucher beglückt. Über den italienischen Physiker, Unternehmer, Bewusstseinsforscher Federico Faggin habe ich in der NZZ gelesen. Noch interessanter das vom Chalice Verlag übersetzte Interview, das das "Beshara Magazine" 2022 mit ihm geführt hatte. Was für ein vielschichtiger Mensch. Erfinder des ersten Ein-Chip-Mikroprozessors. Über den einer der TECH-Giganten sagte, ohne ihn wäre das Silicon Valley immer noch eine Blumenwiese. Er bekam Preise, von Obama einen Orden und hatte auch sonst von allem genug. Geld, Reputation, gesunde Familie. Glücklich war er nicht. Und dann änderte ein einziger Moment alles, weil er sich als Liebe erlebte. Er nennt das, was ihn da flutete "das Eine". Seitdem forscht er gemeinsam mit einem Quanteninformatiker über das Bewusstsein und sagt heute, dass das Bewusstsein nicht im Gehirn entsteht, sondern dass es das ist, was Gehirne erschafft. Heureka. Da gibt es in mir doch gleich ein kleines Beben. So geht es mir immer, wenn eine Stimme, die nicht im Verdacht der "esoterischen Verblendung" steht, von Erfahrungen spricht, die ich so ähnlich auch schon gemacht habe. Sie lassen sich für andere oft schlecht beschreiben, weil diese innere Wirklichkeit von jedem anders erlebt wird. Und doch hat alles, was auf dieser Welt existiert, diese innere Wirklichkeit. Wir sind mehr als ein physischer Körper. Wir sind Quantenentitäten. Oder meinetwegen auch Seelen, die sich einen Körper gesucht haben. Ich muss das Interview gleich noch einmal lesen. Schönen guten Tag.

 

Blick in den Rosengarten Kyritz


 

Montag, 14. Oktober 2024

Sie kommen vom Gülper See, von den Wiesen

rund um Rhinow oder Strodehne und fliegen Richtung Goldbeck, Koppenbrück. Kleinere und größere Formationen sind unterwegs, ich höre ihre Rufe, bevor ich sie sehe. Jedes Mal hopst mein Herz ein bisschen vor Freude. Wie sehr es erst hüpfen würde an einem der großen Rastplätze der Kraniche in Boddennähe. Würde ich den Buckower Freund zum Darß begleiten, könnten wir in der einsetzenden Dämmerung mit den E-Bikes zu ihnen fahren. Allerdings habe ich mich schweren Herzens entschieden, zu Hause zu bleiben und ein paar Tage die Klappe zu halten, damit sich die Entzündung in meinem Kehlkopf beruhigen kann. 

Am Samstag habe ich zu viel geredet, zu lange gefroren, das fand auch die Bronchitis nicht witzig. Also Wärme und Schweigen. Mich endlich um das Hosting für meine Webseite kümmern. Noch einmal den Artikel über die VG Wort lesen, bei der man sich als Autor, Journalist, Blogger anmelden kann, wenn man im Jahr mindestens 400 Euro verdient hat. Ich könnte mich also für 2023/24 anmelden. Würde ich nicht schon beim Studium der dafür notwendigen Dokumente in die Tischplatte beißen wollen.



Sonntag, 13. Oktober 2024

Die Freundin ist fort

Nach einem letzten gemeinsamen Frühstück, bei dem wir uns an unsere Aktivitäten und Ausflüge erinnert haben - wir waren an der Havel in Vehlgast, in Neuruppin und Kyritz, haben uns die Schätze-Ausstellung in der Kirche angesehen, für die Nachbarn gekocht, drei glutenfreie Crumble gebacken, haben immer alle Reste verwertet und aufgegessen, viel geredet, gelacht, an Tränen kann ich mich nicht erinnern - hat sie sich auf den Weg nach Hause gemacht. Am Ende war sie sogar froh, dass sie ein eigenes Reich hatte für die knappe Woche, die sie hier war. Sie hat gelacht, als ich ihr sagte, ich würde mich noch gut an ihren empörten Blick erinnern. Was? Ich soll hier alleine bleiben? Alleine schlafen?

Natürlich musste ich dann mal wieder meine Sachen durch die Gegend tragen. Sehr vorsichtig. In der Maisonette die steile Treppe herunter, hier bei mir im Atelier die steile Treppe wieder hinauf. Bettzeug. Bücher. Espressokocher. Schreibzeug. Elektronisches Equipment. Man könnte denken, ich hätte mindestens zwei Wochen beim Hausmann gewohnt. Was ich da immer zu den Kerlen schleppe. Gut, dass er nicht da war. Und dann habe ich die letzten Reste verarbeitet, habe mir ein kleines leckeres Mahl bereitet und meiner Leidenschaft gefrönt. Essen und Kochsendung anschauen. Keine Häme bitte.



Freitag, 11. Oktober 2024

Sonne auf dem Deich.

Was man von hier aus sehen kann. Keine Kraniche. Die haben wir dafür gestern auf der Heimfahrt von Neuruppin auf den Wiesen bei Koppenbrück gesehen. Wir saßen eine Weile im Auto und schauten. Es waren Hunderte. Und noch mehr Gänse in der Luft, im Landeanflug, beim Start. Hier ist was los. In der Nacht hörte ich die Klagen der Kühe. Sie rufen nach den Kälbern, die zum Schlachten abgeholt wurden. Eine schien immer näher zu kommen, bis sie unter meinem Fenster stand. Zumindest hatte ich den Eindruck. Eine akustische Halluzination. Du isst Tiere! Wie kannst du nur?

Sie hat uns vermutlich dabei gesehen, wie wir gestern nach unserem Ausflug den Hofladen der Stephanus-Stiftung in Wusterhausen gesucht haben. „Unsere Rinder stammen aus eigener Aufzucht…mit selbst angebauten und kontrollierten Futtermitteln versorgt…“ Kann man da nicht mit ein wenig besserem Gewissen???

Fahren Sie geradeaus. Noch 1,5 km. Biegen Sie rechts ab. Noch 800 Meter. Nun nach links. Noch 2 km. Google hat uns ordentlich veräppelt oder einmal im Kreis fahren lassen. Schöne Landschaft. Weiter Himmel. Beeindruckende Wolkenformationen. Eine Minute vor Ladenschluss hatten wir das Ziel auch tatsächlich erreicht. Ein Bewohner hat uns auf den letzten Metern noch geholfen. Ihr müsst da rechts hinten rum. Macht hin. Ich würde lügen, wenn ich jetzt behaupte, die gekauften Hackbällchen hätten mir nicht geschmeckt. Aber diese Kuh heute Nacht….



Donnerstag, 10. Oktober 2024

Neuruppin


 

Fahr über die Dörfer

Spiele das Spiel. Zeig der Gießener Freundin deinen Lieblingsplatz an der Havel und stell dir dabei vor, wie es wohl wäre, hier zu leben. Jederzeit vor die Tür gehen zu können und dem mäandernden Fluss zu folgen. Oder zwischen den Kopfweiden zu sitzen und die schnatternden Gänse auf der Wiese zu beobachten. Als wir wieder zu Hause waren, haben wir selber ausgiebig geschnattert. So ausgiebig, dass ich mich ein wenig mit der Zeit vertüddelt habe. Und dann musste es mal wieder schnell gehen. Um 18 Uhr hatten wir schließlich zum Essen gebeten.

Der Birnencrumble musste in den Ofen, die roten Beete mussten gekocht, für den Wirsing-Auflauf musste alles vorbereitet werden. Ich werde unter Zeitdruck hektisch, strahle Hektik aus, das ist eher nicht sooo schön, für keine, aber da wir zu zweit waren, stand am Ende nicht nur alles pünktlich auf dem Tisch, es schmeckte uns, schmeckte den Nachbarn sehr gut. Die sind seit Tagen mit der Organisation der Schätze-Ausstellung in der Kirche beschäftigt, die Freundin hatte schlecht oder kaum geschlafen, ich auch nicht, also trennten wir uns nach zwei angenehmen Stunden. Und dann konnte ich glücklich in das Bett vom Hausmann fallen, den es ja wieder hinaus in die Welt gezogen hat. Was auch Vorteile bietet. Vorteile auch für meine Gäste, die dann mein Atelier für sich alleine haben. Ich zumindest schätze das, wenn ich unterwegs bin. Eine eigene kleine Wohnung, ein eigenes Zimmer, egal wie klein, ein Ort, an den ich mich zurückziehen kann. Denn das muss ich tun, wenn ich nicht durchdrehen will. Und das möchte ja auch niemand.



Montag, 7. Oktober 2024

Morgens treffen sich die Meisen im Feigenbaum

Sie flattern herum, aber es setzt sich auch immer wieder die eine oder der andere draußen aufs Fensterbrett, trippelt hin, trippelt her, schaut zu mir herein. Das sieht lustig aus, weil ich ja nur die winzigen Köpfe sehe, wenn ich im Bett sitze und Blicke nach draußen werfe. Knödel gibt es erst wieder, wenn die Feige keine Blätter mehr hat, ihr Schnuckies. Gestern habe ich eine von den unreifen Feigen gepflückt und sofort schwesterlich mit dem Hausmann geteilt. Reif war sie nicht, aber essen konnte man sie.

Ich weiß nicht, wie wir dann auf das Thema "Tote" gekommen sind. Vielleicht hatte ich von dem Buch "Geh nicht ins Licht" erzählt, in dem es darum geht, was nach dem Tod passiert. Ich teile meine Informationen ja gern, gern auch mit jemanden, der eher der Theorie zugeneigt ist, dass einem beim Tod einfach nur das Licht "ausgeknipst" wird. Also gut, wenn nicht, wenn du doch plötzlich feststellst, dass da etwas ist, dann lass dich nicht von zwielichtigen Figuren ins Licht locken, dann suche den Spalt, das Loch in der Decke, und da musst du dann durch. Jedenfalls wird das geraten, wenn du mit der Quelle verbunden sein willst und keinen Bock auf eine neue Inkarnation hast. Nur, dass wir mal drüber geredet haben. Und dann muss dem Hausmann der Film eingefallen sein, den er sich irgendwann einmal ansehen wollte. Ghost Town. Über einen Mann, der Tote sehen kann. Eine romantische Komödie. Hausmann, der heimliche Romantiker.

Ein netter Film. Der Protagonist ein missmutiger, uncharmanter, unsympathischer Zahnarzt, der während einer Darmspiegelung 7 Minuten lang tot ist. Danach sieht er plötzlich Menschen, die gestorben sind. Tote, die alle noch ein Anliegen haben, die alle noch etwas klären müssen, und das soll er nun übernehmen. Wozu er natürlich überhaupt keine Lust hat. Wie er dann seine Meinung ändert, das war gar nicht so kitschig, das war an einem trüben Sonntag Abend auf alle Fälle netter als ein Tatort.



Dienstag, 1. Oktober 2024

Eben waren auf der Wiese noch drei Rehe

Sie kommen morgens, mittags, abends. Regen stört sie nicht. Jetzt sitzt dort ein Fuchs und schaut sich interessiert um. Ich beobachte ihn eine Weile mit dem Fernglas, bewundere die prächtige Lunte. Gemächlich schlendert er Richtung Waldrand. Die weißen Punkte, die ich dort entdecke, sind tatsächlich große Schirmlinge. Ich werde sie nicht ernten. Für die Zubereitung bräuchte ich Eier. Die letzten haben wir gestern weich gekocht zum Frühstück gegessen, der Hausmann und ich. Das letzte Frühstück, bevor er wieder in die Stadt entschwunden ist.

Noch während des Essens hat mich der von mir befürchtete Asthma-Anfall erwischt, der sich in den letzten Jahren oft im Verlauf einer Bronchitis eingestellt hatte. Schön ist es nicht. Für den Beobachter nicht, für die hilflos nach Luft schnappende schon gar nicht. Als alles vorbei war, zitterte ich innerlich noch eine Stunde. Nach einem Anfall sollte man Anstrengungen vermeiden. Das muss man mir nicht extra sagen. Und so saß ich still am Fenster und las mit zunehmender Begeisterung den Briefwechsel zwischen dem Herrn W. und mir, den ich vorgestern beim Sortieren alter Textdateien - Kolumnen, Anfänge, Skizzen - gerade mal grob überflogen hatte. Was haben wir uns schöne Mails geschrieben. Selbst wenn man das ganze Hin und Her außer acht lässt - wir haben uns alle zwei Monate getrennt, kamen wieder zusammen - bleiben sie schön. Tiefsinnig. Mal heiter, mal melancholisch, oft auch komisch. Am Ende wurde ich von einer großen Zuneigung für die beiden Schreiber überschwemmt. Ach Menno. Hättet Ihr euch nicht ein bisschen mehr Mühe geben können? Mühe allein genügt manchmal leider nicht. Wer wüsste das besser als ich.



Zum Butterbaum

Aufgeschreckt auf dem Weg:  1 Silberreiher, 1 Schwan, 1 Hase, 1 Fasan, Gänse diverse