Mittwoch, 26. Juli 2023

Auf dem Heimweg bewundere ich das Licht über den Feldern

die Wolkengebirge. Ich bin noch ganz erfüllt von den Stunden, die ich im Offenen Atelier verbracht habe. Manchmal denke ich, ich trete in eine andere Dimension ein, wenn ich mich in der Kirche an einen der Arbeitstische setze. Allerdings wähle ich immer denselben Platz. Aber nicht immer weine ich bei der Arbeit. Heute schon. Ich weiß nicht, was die Tränen ausgelöst hat. Ein Blick auf das Bild vor mir, das ich ein paar Minuten zuvor noch für verschandelt gehalten habe, verschandelt von mir selbst natürlich, und dann hat ein Pinselstrich alles verändert. Es mag vielleicht kitschig klingen, aber plötzlich war ich voller Liebe, voller Liebe und Dankbarkeit. 

Über dem Garten ein Zug Wildgänse. Erst fliegen sie ordentlich in Formation, dann fällt das V auseinander. Und mir fällt das Gedicht von Mary Oliver ein, das ich vor ein paar Jahren gelernt habe. Wild geese. You do not have to be good. You do not have to walk on your knees for a hundred miles through the desert repenting. You only have to let the soft animal of your body love what it loves…


 

Sonntag, 23. Juli 2023

Die Krone der Birke wirft sich hin und her

Die Esskastanie plustert sich auf. Ich sitze still und genieße den frischen Wind. Pause. Bis eben habe ich gesaugt, gewischt, im Bad auch gescheuert. Nachdem ich mich in den beiden letzten Tagen mit Zahlen beschäftigt habe, empfinde ich ein solches Tun als sehr befriedigend. Auf den Tisch neben mir setzt sich ein Schmetterling. Seine zarten Flügel zittern. Im Lavendelstrauch flattern aufgeregt die Kohlweißlinge. Wo sie sich wohl bei einem richtigen Sturm verstecken? 

Heute Nacht habe ich einen Grashüpfer erschreckt. Das Badfenster war geklappt, er muss irgendwo in der Gardine oder in einem Spalt gesessen haben. Er war auf das weiß geflieste Fensterbrett gehüpft, auf dem sein grüner Körper gleich noch ein bisschen grüner schien. Seine Fühler bewegten sich kaum merklich. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal einen so großen Grashüpfer gesehen habe. Es muss Jahrzehnte her sein. Manchmal haut mich die Erkenntnis fast um, dass in jedem Lebewesen, das mir begegnet - sei es das Reh auf der Wiese, die kleine braune Kröte im Garten, die Schmetterlinge, auch in der doofen Fliege an der Wand, die mich aufregt - dieselbe Kraft pulsiert wie in mir. Das Leben, das leben will.

Donnerstag, 13. Juli 2023

Das Sofa mir gegenüber ist leer

In den letzten Tagen saß der Hausmann dort und schaute auf sein IPad. Morgens nach dem Aufwachen, abends vor dem Einschlafen. Gestern ist er wieder nach Hause gefahren. Er hat den tollen Sternenhimmel heute Nacht verpasst. Das ist bedauerlich, denn eigentlich ist er der Sternengucker und der, der sich auskennt. Er könnte hier im Sternenpark Westhavelland die schönsten Führungen machen. Einfach so aus dem Effeff. Dank ihm kann ich Arcturus identifizieren, das Sommerdreieck, und wie man immer den Polarstern findet, das weiß ich auch. Letztes Jahr hat er mir Castor und Pollux gezeigt, ich glaube, die beiden Sterne aus dem Sternbild Zwilling standen heute Nacht direkt vor meinem Fenster. Eine weitere Schulung würde mir gut tun, ich habe so vieles schon wieder vergessen. Eine Massage würde mir auch gut tun, seit ein paar Tagen meldet sich verstärkt ein altes Leiden. Und deswegen werde ich mich jetzt aufs Rad schwingen und nach Havelberg fahren.

Freitag, 7. Juli 2023

Im Bistro am Wasserturm in Neustadt

habe ich mir einen Elsässer Flammkuchen bestellt. Die Portion erschien mir riesig, was mich nicht daran gehindert hat, sie aufzuessen. Das erheitert die junge Betreiberin, die mir den Rest einpacken wollte. Sie fragt, ob alles geklappt hat mit meinem Umzug. Mir wird warm ums Herz. Jemand hat mich wiedererkannt. Ich bin nicht mehr ganz fremd. 

Aber immer noch so fremd, dass ich im Supermarkt die Eier nicht finde. Als späte Hilfe kommt, habe ich das Projekt Eierkauf bereits verworfen. Trotzdem fahre ich mit 24 km/h einigermaßen glücklich an Wiesen und Getreidefeldern vorbei, mache einen kurzen Stopp bei der alten Papierfabrik, die ich erst vor kurzem entdeckt habe. Ich glaube an Zeichen. Das muss auf alle Fälle eins sein. Ich habe nämlich eine besondere Beziehung zu Papier. Schon als kleines Kind habe ich die alten Kalender meiner Mutter gesammelt, eigentlich alles, was mit Papier zu tun hatte, habe mit 13 in den Ferien in einem Schreibwarengeschäft gearbeitet, im Paradies, und später habe ich 20 Jahre lang für eine Druckerei Papier eingekauft, hatte mit Papierfabriken in Deutschland, GB, in Japan Kontakt. Das war oft alles andere als paradiesisch, aber egal. Und nun so etwas. 

Ich habe so gute Laune, dass ich beschließe, auf einem unbekannten Weg weiterzufahren. Da bewundere ich romantische Gärten, einen Friedhof, fahre auf sandigen Wegen durch den Wald und denke so bei mir, wenn ich jetzt noch bei der Bäckerei Hanne rauskomme, dann will mir das Universum aber ordentlich was sagen. Stimmt. Wollte es.

Zum Butterbaum

Aufgeschreckt auf dem Weg:  1 Silberreiher, 1 Schwan, 1 Hase, 1 Fasan, Gänse diverse