Donnerstag, 4. Mai 2023

Endlich habe ich das Gedicht von Sarah Kirsch gefunden

Wir haben es in einer dieser Augustwochen gelernt, die wir mal zu viert, mal wurden es auch mehr, im Havelland verbracht haben. Damals wars. Jeden Tag gab es eine neue Zeile, die wir uns merken mussten. Ich sehe es noch genau vor mir, wie ich in der Gülper Havel schwimme und jede einzelne Zeile den kleinen Wellen aufsage.   

Raubvogel süß ist die Luft
So kreiste ich nie über Menschen und Bäumen
So stürz ich nicht noch einmal durch die Sonne
Und zieh was ich raubte ins Licht
Und flieg davon durch den Sommer!
 
Bei meiner Recherche zu diesem Gedicht las ich, das Christa Wolf und Sarah Kirsch über denselben Sommer geschrieben haben. Christa Wolf in "Sommerstück" - eins meiner Lieblingsbücher - Sarah Kirsch u. a. mit diesem Gedicht. Zur selben Zeit machte die Fotografin Helga Paris Fotos von den beiden. Ob man die allerdings in der Ausstellung in Zossen (13. Mai bis 25. Juni) sehen kann, das weiß ich nicht.  

Jetzt bin ich in eine richtige Sommerstimmung gekommen. Die allerdings mit leichter Wehmut einhergeht. Ich erinnere mich nämlich an Gefühle, die ich beim Lesen von Büchern wie dem "Sommerstück" hatte, die mir eine DDR-Welt eröffneten, die ich selber so gar nicht kannte. Bei Christa Wolf, Helga Schütz fand ich - nachträglich leider erst - eine Welt, in der ich gern gelebt hätte. 

Und jetzt gehe ich zu dem Zweigen, die noch für das Hochbeet zerkleinert werden müssen. Diese Arbeit hat Frau J. mir erlaubt. Dabei kann ich den Fuß hochlegen. Amen.   

Dienstag, 2. Mai 2023

Es ist entschieden

Am Walpurgisfeuer wurde die Neuigkeit bekanntgegeben. Ein zünftiges Setting, wie ich finde. Die beiden Frauen bleiben vorerst meine Nachbarinnen, sie werden einen neuen Mietvertrag für die Maisonette unterschreiben. Dann haben wir gut gegessen – oft hing ich über der Glut, um die Grillstücke zu wenden – es wurde erzählt, Frühlingslieder wurden gesungen, begleitet von einer der beiden Frauen und ihrem Akkordeon. Ein angenehmer Abend mit einer schönen Stimmung. Obwohl ich eher die Beobachterin oder Zuhörerin war, kam kein Gefühl von Nichtzugehörigkeit auf, unter dem ich in der Vergangenheit schon häufiger gelitten habe in solchen Runden. 

Am Ende hätte ich nach guter alter Hexenart in mein Atelier fliegen und nicht darauf bestehen sollen, Geschirr durch die Gegend zu tragen. So bin ich im Dunkeln die beiden letzten Stufen vor dem Haus von Frau J. heruntergerutscht. Gefallen. Mit dem Fuß umgeknickt, der jetzt geschwollen ist und schmerzt. Gestern Morgen bin ich schon intensiv betreut worden. Ich bin ja hier bei einer Kräuterfrau. Der richtige Verband, das richtige Mittel, das entsprechende Fläschchen, alles musste überlegt, gesucht und gefunden werden, so etwas dauert und erfordert von allen Beteiligten Geduld. Über die ich ja im Übermaß verfüge. Eigentlich war mir aufgetragen worden, den Tag mit hoch gelagertem Fuß zu verbringen, aber das habe ich nicht geschafft. Humpelnd ist Fortbewegung ja auch möglich.