Es ist kalt geworden. Da steige ich nur ungern aufs Rad, aber ich brauche Hilfe. In meinem Körper Chaos. Als wäre da eine einzige große Wunde. In dem alten Bauernhaus mit den niedrigen Räumen und den mit Lehm verputzten Wänden prasselt ein schönes Feuer im Ofen. Göttin sei Dank. Daneben die Holzscheite auf einer Leiter, das sieht aus wie eine Skulptur. Während die weise Frau mich mit einer Art Shiatsu behandelt und dabei mit Kräutern räuchert, fühle ich mich wie in einem anderen Jahrhundert. Es würde mich nicht wundern, wenn eine Katze durch den Schornstein käme. Sie kommt vom Dachboden. Ihr ist kalt, sie kuschelt sich an meine Beine.
Nach der Behandlung würde ich mich gerne nach Hause beamen. Ich bin angenehm müde, ein wenig neben mir auch, nichts tut weh. So steige ich aufs Rad. Die Kälte kriecht mir unter den Mantel, in die Schuhe. Obwohl ich zwei Paar Handschuhe trage, habe ich das Gefühl, mir fallen gleich die Finger ab. Die Brille ist ständig von meinem Atem beschlagen, fast verpasse ich wieder den Abzweig zu unserem Dorf. Hinterher sehe ich, dass wir - 9 Grad haben. Das erklärt einiges. Da bin ich doch sehr froh, wieder zu Hause zu sein. Noch froher stimmt mich die Erkenntnis, welch interessante und vielschichtige Menschen ich durch die Interviews für das Schätze-Projekt kennengelernt habe. Welch ein Reichtum sich hinter den Fassaden verbirgt, denke ich. Eigentlich müsste über jede/n ein Buch geschrieben werden. Aber nicht von mir.
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