Donnerstag, 29. Juni 2023

Morgens kommen die Rehe nicht mehr

Nur gestern Abend habe ich eins in der Dunkelheit herumspringen sehen. Es ist trübe. Die Kühe muhen. Haben sie Hunger? Ich google. Natürlich gibt es einen Forscher, der sich mit dem Thema beschäftigt hat. Bisher hat er zehn verschiedene Muh-Laute gesammelt und zuordnen können. Kuh hat Hunger, Kuh hat Schmerzen, sie ist irritiert, will etwas nicht, sie begrüßt eine andere Kuh, ruft nach ihrem Kind usw. Mich ruft der Timer. Der Käsekuchen muss umgedreht werden, damit auch der hintere Teil Farbe bekommt. Was bei einem Gasofen so berücksichtigt werden muss. 

Heute habe ich tatsächlich meine schöne Morgenroutine - Kaffee kochen, mit Kaffee zurück ins Bett, Tagebuch schreiben - über den Haufen geworfen. Ich bin aus dem Bett gesprungen - was in meinem Fall eher einem Herausdrehen gleicht - und habe mich pronto zum Kühlschrank bewegt, habe Eier mit Zucker aufgeschlagen, Quark, weiche Butter dazu usw. Der Käsekuchen ist im Ofen, dann kann ich mich auf meinen Kaffee konzentrieren. Später werde ich noch einen Zitronenkuchen backen für die Veranstaltung heute Nachmittag. Ich habe Lampenfieber. Als müsste ich eigene Texte lesen. Dabei betreue ich lediglich eine Veranstaltung, die ich selber initiiert habe. Als ich vor vier Monaten aufs Land gezogen bin, habe ich eigentlich nur nach Gleichgesinnten Ausschau halten wollen. Nach Menschen, die Freude am Lesen, am Schreiben haben. Dann bin ich in diesen Verein geschlittert, und nun ist mir komisch. Ich atme ein, ich atme aus. Konzentriere mich auf den Atem. Und sage mir, dass es nicht um mich geht heute. Es geht um die jungen Dichterinnen, sie sind die Akteure. Sie stehen im Mittelpunkt, lesen ihre Texte. Ich bin neugierig, was den jungen Frauen so durch den Kopf geht bzw. gegangen ist. Und im besten Fall entsteht später ein Gemeinschaftsprojekt. Komischerweise hilft mir der Gedanke, dass ich heute gerade mal eine winzige Nebenrolle habe. Mein System beruhigt sich. Das große Auto kommt, um die Klärgrube leer zu pumpen. Der Duft des Käsekuchens vermischt sich mit Gröberem und hängt in meinem großen Raum, wabert um mich herum. Ein guter Zeitpunkt, das Bett zu verlassen. Zu den Zitronen soll sie gehen. 



Fast geschafft

Es ist mir schon beim Frühstück aufgefallen. Die Weihnachtsmusik geht mir auf den Senkel. Vielleicht wäre es anders, gäbe es wenigstens eine...