Freitag, 28. November 2025

Wenn der Specht sich von unten zum Knödel hocharbeitet,

sieht das nicht nur komisch aus, es erinnert mich auch an das verhasste Stangenklettern meiner Kindheit. Nur dass ich oben mit keinem Leckerli belohnt wurde. Machen Kinder so etwas heute noch? 

Als ich gerade mit dem Hausmann beim letzten Stück des gestern von mir gebackenen Haselnuss-Brownies saß (Keto selbstverständlich und mit Sahne), kamen wir nach einer Weile auf Dinge oder Begebenheiten, die es in unserer Kindheit noch gab oder die damals passiert waren. 

Ich hatte von einem Podcast erzählt, den mir Herr S. gestern empfohlen hatte, und den ich mir später mit großer Freude anhörte. Interviewt wurde Uwe Müller, der 1988 die erste Telefonseelsorge in Ost-Berlin gegründet hatte. Was mich erstaunte, hatten doch zu meiner Zeit - bis 1981 - nur wenige Menschen einen Telefonanschluss. Stimmt. Uwe Müller berichtete von Verzweifelten, die nachts in die Telefonzelle gingen, um dort ungestört einem Fremden von ihren Sorgen zu erzählen. 

Die Telefonzellen. In unserer Laubenkolonie gab es eine, sie war meist defekt. Im Umkreis von einigen Kilometern gab es kaum Menschen mit einem Telefon. Die ersten Handys - wie riesig die waren. Wie große Knochen kamen sie daher. Der erste Laptop: eine Art heiliger Gral. 

Was alte Menschen noch berichten können. Ich war 1961 dabei, als die Mauer gebaut wurde -  vom Wohnzimmerfenster meiner Mutter konnte ich das sehen -, und als die Mauer 1989 geöffnet wurde, war ich auch dabei. Jeder Mensch, der bei einem Fluchtversuch an der Mauer ums Leben kam, wurde betrauert. Im West-Radio hörten wir von diesen Schrecken. 

Ich habe am Radio sitzend die ersten Menschen im All verfolgt und zusammen mit meiner Großmutter geweint, als Kennedy ermordet wurde und als die Russen in Prag einmarschierten. Was hatten die Erwachsenen für Hoffnungen in Alexander Dubcek gesetzt. Ein Sozialismus mit menschlichem Antlitz. Wie sehr sie enttäuscht wurden. Das habe ich als knapp 14-Jährige alles schon verstanden. 

Der Vietnamkrieg. (Gab es Menschen, die ihn befürworteten? Träumten diese Menschen davon, die USA anzugreifen?) Die Mondlandung. Die vielen Rosen für Angela Davis, mit denen in der DDR gegen ihre Verhaftung und die drohende Todesstrafe protestiert wurde. Der heimtückische, von den USA geplante Angriff auf den Sozialisten Salvador Allende. Die Lager, in denen tatsächliche oder vermeintliche Kritiker zu Tode gefoltert wurden. (Costa-Gavras hat die Ereignisse 1973 in Chile in dem großartigen Film "Missing" mit Jack Lemmon und Sissy Spacek thematisiert. Er beruht auf dem authentischen Fall des US-amerikanischen Journalisten Charles Horman). 

Wenn ich mir das so anschaue, fällt mir auf, dass meine Jugend und die Zeit des Erwachsenwerdens von dramatischen Ereignissen überschattet waren. Ich glaube, dass junge Menschen sensibel auf diese Themen reagieren, vielleicht auch sensibler werden für zukünftige Gemeinheiten und Ungerechtigkeiten in der Politik und Weltgeschichte. 

Ich suche nach schönen Erinnerungen, die mich mit ähnlicher Leidenschaft beschäftigt haben. Ich finde wenig. In Königshäusern wurde geheiratet. Das interessierte mich schon damals nicht. Meine Großmutter schon. Die saß und heulte. Als der alte Onassis für die junge Jackie Kennedy die Callas verließ, hat mich das allerdings aufgeregt. 

Und - fast hätte ich es vergessen - die neue Ära der Musik, die mit den Beatles und Stones in meine Kindheit platzte. Die verfolgte ich leidenschaftlich im Radio, später auch im Fernsehen. Schlager der Woche mit Lord Knud. SF-Beat später. Barry Graves. Beat-Club. Das war für mich wichtig. Schön, dass mir noch was Schönes eingefallen ist. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen