kannte ich bisher nur dem Namen nach. Sie mögen den sandigen Boden zwischen Nuthe, Dahme und Spree im Südwesten von Berlin. Jetzt weiß ich aus eigener Erfahrung, dass sie in Butter gedünstet, mit Salz, Pfeffer und einem Spritzer Zitrone gewürzt oberköstlich schmecken. Oberköstlich. Das wussten schon Goethe und Napoleon. Ich bin in gewissen Dingen eben eine Spätzünderin.
So schau ich mir jetzt auch mit fast 50 Jahren Verspätung Defa-Dokumentarfilme an, die sich auf dem YouTube-Kanal von "Defa Filmwelt" befinden. Man kann dort auch alte Spielfilme, Krimis usw. entdecken. Ich komme mir beim Stöbern wie eine Zeitreisende vor.
Besonders berührt hat mich "Martha", eine Doku über eine der letzten Trümmerfrauen, die seit Ende der 40er Jahre (des letzten Jahrhunderts) bei Tiefbau gearbeitet hat, und die 1977, als der Film entstanden ist, mit 68 Jahren in Rente ging. Eine nicht gerade gesprächige Frau, bescheiden, mit leisem Humor, pflichtbewusst, sich selbst nicht so wichtig nehmend, die sozialistische Idee nicht in Frage stellend. Aber vor laufender Kamera hätte sie das wohl auch nicht geäußert, wäre es anders gewesen.
Für mich war es eine echte Reise in die Vergangenheit. Denn dort, wo Martha bei Wind und Wetter an einem Laufband Schutt sortierte, muss ich 1975/76 täglich vorbeigekommen sein. Vom S -Bahnhof Rummelsburg zu den Hochhäusern in der Dolgenseestraße, die im Hintergrund immer zu sehen sind. Dort war in der 14. Etage die kleine Einzimmerwohnung, die der Vater meines Freundes uns großzügig überlassen hatte. Ich war eher wohlgelitten denn gemocht, durfte aber mit einziehen. 21 war ich damals.
Auf diese Baustelle muss ich täglich geschaut haben. An das Kraftwerk Klingenberg erinnere ich mich. An die Baustelle nicht. Ich weiß auch nicht, ob ich das damals so trostlos fand wie heute. Vielleicht hat sie einfach weggeschaut, die junge Frau von damals. Oder nach innen. Vielleicht hat sie heimlich gehofft, dass hinter dem grauen Horizont doch noch Farbe kommt. Ich hoffe es für sie. Ich hoffe es für uns alle.
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