ob ich denn trotz Geburtstag zum Brunch käme – wohl eher nicht, oder? – musste ich tatsächlich ein wenig überlegen. Ich hatte noch keine Pläne. Normalerweise stresst mich der Gedanke an meinen Geburtstag auch. Erst vorhin ist mir aufgefallen, dass ich in diesem Jahr keine Vorgeburtstagsdepression hatte. Keine Ahnung, ob es mit meiner Abstinenz zu tun hat oder mit den nächtlichen Exerzitien.
Es war ein sehr schöner Tag. Angefangen beim Frühstück im Garten mit dem Hausmann und Frau J., und dann ist es immer so weiter gegangen. Teilweise unbekannte Menschen haben mir jeweils eine Sonnenblume geschenkt, eine konzertierte Aktion, da ist ein ganzer Eimer voll zusammen gekommen, und Happy Birthday wurde zur Gitarre gesungen. Auch im weiteren Verlauf des Nachmittags und frühen Abends gab es immer wieder Gesangseinlagen. Da wurden eigene Songs vorgetragen, und wer nicht singen konnte oder wollte, der las ein selbst geschriebenes Gedicht. Das gefällt mir inzwischen richtig gut. Bänke und Tische wurden mal in die Scheune hinein, dann wieder herausgetragen, Babys wollten nicht schlafen, der kranke Hund war im Liebesrausch, Die Speisen auf dem Büfett köstlich. Leider konnte ich nichts davon probieren, nach zwei Stücken von der oberoberleckeren Himbeertorte passte nichts mehr in mich hinein.
Erstaunt hat mich, dass der Cava, den ich zum Anstoßen mitgebracht hatte, von den meisten abgelehnt wurde. Ist der mit oder ohne? Mit. Dann nicht, danke. Die Zeiten haben sich doch sehr geändert. Für mich war es nach mindestens 50 Jahren das erste Mal, dass ich an meinem Geburtstag keinen Alkohol getrunken habe, mich aber trotzdem so gefühlt habe, als hätte ich. Ein wenig aufgekratzt. So oder so ähnlich wünsche ich mir das jetzt schon mal für das nächste Jahr. Vorhin habe ich nämlich zum Hausmann gesagt, dass ich den 70sten vielleicht doch feiern werde. Vielleicht.
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