Der weite Blick über die Wiese hin zum Waldrand. Ich sitze bequem an eine Pappel gelehnt im Schatten. Das könnte stundenlang so weitergehen. Sitzen, immer abwechselnd auf Gräser oder in den Himmel schauen, den kleinen weißen Wolken folgen. Der Hund weiß nicht so recht, wie er mein Benehmen deuten soll. Ein junger Stier kommt in unsere Richtung geschlendert. Ich bin ohne Leine unterwegs und sollte verhindern, dass der Hund unter dem Weidenzaun durchflutscht und den Stier jagt. Oder gejagt wird, ich habe keine Ahnung, wie das aussehen würde, will es auch nicht herausbekommen. Wir gehen. Hallo? Hast du gehört? Nein, wir gehen hier entlang.
Der Hund bellt Richtung Stier, dann laufen beide – jeder auf seiner Seite des Zauns – um die Wette. Der Hund soll sich schonen. Das ist leichter gesagt als getan. So ein Tier weiß nichts von Krankheit und Tumoren. Wenn es ihm gut geht, dann will er rennen. Und vermutlich staunt er, wenn er später plötzlich Schmerzen hat. Was bis jetzt noch nicht passiert ist, wenn ich ihm Gesellschaft geleistet habe. Aber ich weiß, wo die Tabletten sind.
Manitu sei Dank kommen wir heil nach Hause. Wo wir es uns beide im kühlen Wohnzimmer gemütlich machen. Der Hund nimmt sich eine Möhre, und ich verschwinde in dem Roman „Das weiße Land der Seele“ von Olga Kharitidi, den ich vor etlichen Jahren schon einmal gelesen habe. Die Freundin hat ihn mir auf den Tisch gelegt, und ich bin sofort wieder fasziniert von der ehemals in Nowosibirsk lebenden Psychiaterin, die von einer Reise ins Altai-Gebirge zu einer Schamanin berichtet. Altai…allein der Name weckt eine leise Sehnsucht in mir.
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